Samstag, 10. Januar 2015

Wie aus Jazenjuk das Nazi-Weltbild herausquillt

Ukrainischer Premierminister Arseni Jazenjuk (oder "Yats", wie ihn Victoria Nuland nannte, als sie ihn in dem bekannten "Fuck the EU"-Telefonat für dieses Amt vorsah) war diese Woche auf Deutschland-Reise, um für die sich im freien Fall befindende Wirtschaft des Landes neue Kredite zu erbetteln. In den ARD-Tagesthemen wurde ein Interview mit ihm ausgestrahlt, in dem er in einen wirren Geschichtsrevisionismus verfiel.

Die deutsche Übersetzung seines Statements lautete: Die russische Aggression in der Ukraine, das ist der Angriff auf die Weltordnung und auf die Ordnung in Europa. Wir können uns alle sehr gut auf den sowjetischen Anmarsch auf die Ukraine und nach Deutschland erinnern. Das muss man vermeiden und keiner hat das Recht, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges neu zu schreiben. Und das versucht der russische Präsident Herr Putin zu machen.

Dabei hat Jazenjuk im Original das englische Wort "invasion" benutzt, also in Wahrheit Einmarsch, Invasion, was im Gegensatz zum Anmarsch nicht bloß eine Bewegung beschreibt, sondern einen initialen Akt der Aggression. Die Tagesthemen waren bei der nachträglichen Übersetzung dieses aufgezeichneten Interviews (man sieht, dass nicht die Simultanübersetzung eingespielt wurde) kreativ, um die Worte Jazenjuks abzuschwächen. Bezeichnend ist auch, dass die Moderatorin Pinar Atalay keinerlei Versuche unternahm, Jazenjuks Verdrehung der historischen Realität auch nur im Geringsten richtigzustellen.

Die deutsche Medienlandschaft wie auch die Bundesregierung zogen es vor, dieses Statement, hinter dem sich Abgründe auftun, nicht zu bemerken. Nicht, dass der gemeine Bürger noch auf den Gedanken kommt, dass an den russischen Warnungen und Befürchtungen etwas wahres sein könnte. Oder dass die Ultranationalisten, die bei der letzten Ukraine-Wahl vermeintlich keine Stimmen bekamen (wie es die Westpresse mit Blick auf Russland triumphal konstatierte), lediglich die sichtbare Spitze eines Eisbergs waren. Einzig Spiegel Online publizierte zu dem aktuellen Anlass einen satirischen Schnipsel. Für die deutsche Seite gilt es, diese Eskapade genauso zu verstecken, wie die von Dritten Reich inspirierten Fackelzüge, die regelmäßig in Kiew und in der Westukraine zu Ehren des Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera stattfinden.



Die Pressesprecherin Jazenjuks versuchte am Tag darauf, die Aussage zu relativieren, nachdem diese trotz medialer Blockade für Aufsehen in Netz, aber auch auf offizieller Ebene in Russland sorgte. Jazenjuk habe in Wahrheit die deutsche Teilung gemeint, ließ sie wissen. Da jedoch nachweislich das Wort "invasion" benutzt wurde, wirkt dieser Versuch wie eine unbeholfene Ausrede.

Dabei ist das nicht die erste Entgleisung Jazenjuks nach Goebbels-Manier. Schon im Sommer betitelte er die Separatisten in einem Pressetext als Untermenschen ("subhumans"), was im Netz sofort die Runde machte. Kurz darauf haben westliche PR-Agenten wohl bemerkt, dass das fürs Ansehen nicht sehr förderlich ist und den Ausdruck noch schnell in "inhumans" geändert. Doch Screenshots konnten sie nicht mehr verstecken.

Im Zusammenhang mit der absurden Mauer, die Jazenjuk an der Grenze zu Russland bauen will, sprach Jazenjuk von einem "europäischen Schutzwall" gegen das "asiatische" Russland. Auf dem Maidan schickte er neben dem Swoboda-Führer stehend auch schon einen schnellen Hitlergruß in die Menge.

Es bleibt zu rätseln, wie lange der offizielle Westen dieses Nichts-Hören-und-Nichts-Sehen-Spiel in Bezug auf seine Putschisten-Schützlinge noch treiben will und kann. Immer mehr Menschen nehmen den faulen Gestank der transatlantischen Propaganda wahr, die sich zunehmend auch noch durch unbeirrbare Loyalität gegenüber dubiosen NS-Rhetorikern beschmutzt.