Mittwoch, 26. Februar 2014

Sotschi 2014: Gelungene Spiele konterkarieren russophoben Propaganda-Feldzug

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi sind nach zweieinhalb Wochen zu Ende gegangen. In Erinnerung werden sie als ein organisatorisch erfolgreiches und sehenswertes Sportspektakel bleiben. Das Erbe von Sotschi sind Assoziationen mit schneebedeckten Bergen, futuristischen modernen Stadien, Palmen, Meer und fulminanten Eröffnungs- und Schlussfeiern. Bemerkenswert im Vergleich zu anderen Spielen war auch, dass Russland sich anders als etwa in den angelsächsischen Ländern niveaumäßig nicht auf die Ebene des Durchschnittsbürgers mit Pop- und Massenkultur begab, sondern mit klassischer Musik, Suprematismus und Balett dem globalen Zuschauer die Hochkultur näherbachte.

Für Russland waren die Spiele ein wichtiger Erfolg für das nationale Selbstbewusstsein und das nicht nur, weil Russland sich mit dem Platz eins im Medaillenspiegel nach Jahren der Degradation wieder als sportliche Großmacht zurückgemeldet hat. Wichtig war es, sich selbst und der Welt zu beweisen, dass man sportliche Großereignisse auf höchstem Niveau durchführen kann. Entgegen allen Befürchtungen verliefen die Spiele sicher und ohne nennenswerte Provokationen von Oppositionellen oder LGBT-Aktivisten.

Andererseits haben die Spiele von Sotschi aber auch jedem, der noch daran gezweifelt hat, gezeigt, dass die gezielte antirussische Miesmache in den westlichen, und speziell in den deutschen, Medien nunmehr krankhafte Ausmaße erreicht hat. Die ständigen Versuche, die Russen zu "dissen", waren zwar oftmals untereinander widersprüchlich, aber kostant in ihrer Zielsetzung. So bescheinigte ZDF-Kommentator Wolf-Dieter Poschmann den Russen bei der Eröffnungszeremonie einen "Minderwertigkeitskomplex wegen Gigantomanie", während der Spiegel der Zeremonie genau das Gegenteil bescheinigte. Die Übertragungen sämtlicher Zeremonien und teilweise auch der Sportwettbewerbe wurde unentwegt von oftmals obskuren und bemühten politischen Kommentaren begleitet, über die sich die deutschen Zuschauer später in Online-Foren in großer Mehrheit beschwerten. Geholfen haben dabei den Öffentlich-Rechtlichen die Top-Propagandistinnen mit Russland-Erfahrung: Anne Gellinek und Ina Ruck.

Bereits im Vorfeld der Spiele wurde massiv Kritik aus dem Finger gesaugt: der Otto Normalverbraucher wurde bombardiert mit dem (schnell abgeflauten) Hype um die Schwulenrechte in Russland, Vorwürfen zu den hohen Kosten und dem vermeintlichen Politiker-Boykott der Spiele. Davon, dass bei früheren Spielen noch deutlich weniger Politiker anwesend waren oder dass die Spiele lediglich als Anstoß für die ohnehin geplante und notwendige Erschließung und Modernisierung der gesamten Region dienten, wurde ihm nichts gesagt.



Die Galle speienden Hetzer wie etwa Steffen Dobbert von "Die Zeit" bekamen aber bald Probleme, da ihnen die erfolgreich ablaufenden Spiele nur wenig Stoff für die Fortsetzung des propagandistischen Trommelfeuers boten. Um auch nur etwas zu finden, was Putin diskreditieren könnte, erklärte zwischenzeitlich (als Russland auf Platz 5 im Medaillenspiegel lag) ein gewisser Jens Hungermann von "Die Welt" großspurig, Russland habe bei den Spielen trotz großem Anspruch sportlich versagt und führte genüsslich aus, wie sehr diverse Sportarten in Russland vernachlässigt werden. Dumm nur, dass der Medaillenspiegel so knapp war und Russland bereits am selben Tag wieder auf Platz 2 kletterte, was den Schreiberling dazu zwang, seinen Artikel kleinlaut abzuändern: "Russlands Momentaufnahme ist keine Garantie". Im Nachhinein, als die Spiele zu einem großen Erfolg mit vielen positiven Assoziationen wurden, versuchte man sie mit absurden Verbindungen zu den Ereignissen in Kiew oder mit pauschalen unbewiesenen Behauptungen von russischem Doping mit Xenon zu diskreditieren. Ohne Mühe konnten dahinter die meisten Leser Neid und Frust erkennen, zumal Doping gerade in dem nicht sehr erfolgreichen deutschen Lager gefunden wurde, das sich sonst immer gern moralisierend zeigt. All dies durften die Propagandisten, die auch vor Attacken auf Thomas Bach nicht halt machten, zähneknirschend im Kommentarbereich zu ihren Artikeln lesen, der ihnen wie so oft wenig Spaß bereitet.

Unter dem Strich kann man die Meinung vieler politischer Beobachter in Russland teilen, dass die Sotschi-Kritik im Westen in erster Linie mit dem unabhängigen politischen Kurs Russlands und dem geopolitischen Konkurrenzampf zusammenhängt und weniger mit den objektiven Gegebenheiten der Winterspiele, die als Instrument missbraucht werden. Den strammen Transatlantikern, die Politik und Medien beherrschen, geht es vor allem darum, eine europäisch-russische Annäherung zu verhindern, die zu Lasten der US-Dominanz in Europa gehen würde. Die gestiegene Kritik-Verbissenheit ist ein Zeichen der unfreiwilligen Anerkennung von Russlands Rückkehr und der gestiegenen irrationalen Ängste davor. Die unkonstruktive und böse gemeinte Art der Kritik hat aber immer einen entgegengesetzten Effekt, als den, den die Propagandisten wollen. Diese Art blieb sowohl in Russland, als auch in Deutschland nicht unbemerkt. In Russland förderte sie nur noch mehr die Solidarisierung mit Putin, in Deutschland sorgte sie für einen weiteren Glaubwürdigkeits- und Autoritätsverlust der Medien in den Augen der Menschen.

Sonntag, 23. Februar 2014

Einige Gedanken zum ukrainischen Putsch

Die vergangenen  Tage waren von einer rasanten Entwicklung in der Ukraine geprägt. Bis vor einer Woche sah alles noch nach einer Beruhigung aus, als Janukowitsch der Opposition eine Amnestie in Aussicht stellte sowie die Rückkehr zu einer parlamentarisch-präsidialen Republik. Als Gegenleistung erwartete er ein Ende des Aufstands. Das war freilich sehr naiv, denn selbst die Oppositionsführer, die mit ihm verhandelten, hätten den Maidan bei allem guten Willen nicht beruhigen können. Dort haben die radikalen Nationalisten die Macht übernommen und wollten von ihrer Maximalforderung, nämlich der Abtretung von Janukowitsch, nicht abrücken.

Ein neuer Gewaltausbruch erfolgte dann am vergangenen Dienstag, als bewaffenete und vermummte radikalnationalistische Gruppierungen vor das Parlament zogen und sich brutale Kämpfe mit der Polizei lieferten. Hier wurde zum ersten Mal seitens der Demonstranten scharf geschossen, woraufhin die Polizei, die bis dato lediglich mit Schlagstöcken und Gummegeschossen agierte, in der Folgezeit ebenfalls bewaffnet wurde. Offenbar wollten die Radikalen mit der gezielten Eskalation kurz vor einer politischen Einigung dem befürchteten eigenen Bedeutungsschwund zuvorkommen. Die Verantwortung für das Blut der vergangenen Tage liegt eindeutig auf den radikalen Nationalisten, während die "Berkut"-Polizei bis zuletzt keinen Befehl zur Räumung des Maidans hatte (wofür Janukowitsch heute so von seinen ehemaligen Anhängern gehasst wird).

Die EU hat die ganze Zeit gezielt ignoriert, dass gerade die Radikalen in der Ukraine die Speerspitze der Proteste bilden, und hat mit ihrem einseitigen Druck und Schuldzuweisungen an die Adresse Janukowitschs die Gewalt der Demonstranten nur gefördert. Schließlich fuhren die drei EU-Außenminister Steinmeiner, Fabius und Sikorski nach Kiew, um als "Vermittler" zwischen den Seiten aufzutreten. Ex-Kanzler Schröder hatte zuvor sehr treffend formuliert, dass die EU als parteiischer Akteur gar kein echter Vermittler sein kann. Das hat sich dann auch bewahrheitet, denn die Geschwindigkeit der anschließenden Kapitulation Janukowitschs in allen Punkten zeigt, wie sehr hier wohl mit Drohungen und Erpressungen gearbeitet wurde. Janukowitsch stimmte vorgezogenen Wahlen zu und zog die "Berkut"-Polizei aus der Innenstadt ab.

Das Einkicken von Janukowitsch kam einem Verrat gleich, in Folge dessen er jegliche Unterstützung in der Bevölkerung und auch in den Machtstrukturen eingebüßt hat. Zum einen führte es vor Augen, dass er wohl in der Tat sehr viele Immobilien und Konten im Westen besitzen muss, mit deren Beschlagnahmung er nun so effektiv erpresst werden konnte. Zum anderen verriet er die Polizisten, die zuvor unter Risiko für Leib und Leben im Hagel von Molotow-Cocktails die rechtmäßige Ordnung schützten. Und natürlich verriet er seine südostukrainische Wählerbasis, die von ihm ein entschiedenes Durchgreifen gegen die Nationalisten erwartete. Dass sich die Opposition daran anschließend an keinen Punkt der Abmachung mehr gehalten hat (etwa Entwaffnung), das Parlament usurpierte und Janukowitsch für abgesetzt erklärte, war dann nur noch eine logische Folge seiner Kapitulation.


Die Ukraine schlittert nun in ein nationalistisches Chaos, denn die Radikalen werden jetzt als die aktivsten Revolutionsträger ihre Trophäen einfordern und sich nicht von der politischen Macht wegdrängen lassen. Im Eilverfahren werden gerade im usurpierten Parlament, in dem die Opposition nun durch das Überlaufen einiger Abgeordneter der Partei der Regionen und durch die physische Einschüchterung der anderen eine Mehrheit hat, weitreichende Gesetze verabschiedet. So wurde als ein Wink an die Nationalisten das Sprachengesetz von 2012 für ungültig erklärt, durch das einzelne Regionen neben Ukrainisch auch weitere Sprachen einführen durften. Die "Demokraten" fordern nun ebenfalls die Schließung von andersdenkenden Medien sowie das Verbot der Partei der Regionen und der Kommunisten.

Aus der Sicht der Süd- und Ostukraine, die weiterhin eine Anlehnung an Russland herbeisehnt, könnten sich die jüngsten Ereignisse aber auch als ein reinigendes Gewitter erweisen. Zu lange hat sich der uncharismatische und korrumpierte Herrscher als letzte Bastion gegen den nationalistischen Ansturm inszeniert, während er das Land jedoch weiterhin in Richtung EU-Assoziierung trieb und echte prorussische Bewegungen im Keim erstickte, um in seinen südöstlichen Stammgebieten keine Konkurrenz zu haben. Auch für den Südosten war Janukowitsch im Grunde ein Schädling und eine miese Option, wenn auch unter den gegebenen Umständen das kleinere Übel. Janukowitsch vertrat die Interessen des Südostens schon damals kaum, jetzt hat er den Südosten einfach verraten und sich obendrein als ein erpressbarer Dieb entpuppt. Falls sich der Südosten nun organisieren und um einen charismatischeren und unbefleckten Politiker scharen kann, könnte es bei den nächsten Wahlen für die Revolutionäre schon wieder sehr eng werden. Ihr aktueller Sieg bedeutet nicht zwingend eine Sympathiezunahme in der Bevölkerung, möglicherweise eher umgekehrt. Zudem werden sie sich in den nächsten Monaten mit den katastrophalen wirtschaftlichen Problemen rumschlagen müssen, die sich die Ukraine nun erst recht eingebrockt hat.

Sonntag, 16. Februar 2014

Pussy Riot oder wozu sich der Westen nicht zu schade ist

Die billigen Trash-Gören von Pussy Riot avancieren zu den neuen Heldinnen des Westens. Besser gesagt, sie werden dem Otto Normalverbraucher als solche gegen seinen Willen von Medien und Politik aufgedrängt. Wie es sich für "Stars" gehört, sind sie auf weltweite Tournee gegangen. Nach einem herzlichen Empfang in Deutschland und Frankreich mit Lobesliedern und Interviews in den Hauptabendnachrichten und führenden Online-Medien, düsten die beiden Aktivistinnen in die USA, wo sie ebenso frenetisch gefeiert wurden.

Pussy Riot mit US-Botschafterin Samantha Power
Beim Amnesty-Konzert in New York traten Pussy Riot gemeinsam mit der abgehalfterten Madonna auf und wetterten natürlich ordentlich gegen Putin und ihr Heimatland. Doch beim Showbiz ist es nicht geblieben. Mit ihnen traf sich der neue New Yorker Bürgemeister Di Blasio und die US-Botschafterin bei der UNO Samantha Power. Diese Dame, die jegliche Drohnenangriffe mit Hunderten unschuldigen Opfern in Pakistan als Kampf für Demokratie legitimiert, konnte sich vor Begeisterung über die beiden Pussy Riot Mitglieder nicht halten, deren anzüglichen Auftritt in der Moskauer Erlöserkathedrale sie als Kampf für die Menschenrechte empfindet. Russischer UN-Botschafter Witali Tschurkin nahm seine US-Kollegin sogar aufs Korn: "Es ist erstaunlich, dass Samantha Power sich noch nicht der Gruppe angeschlossen hat. Ich denke, sie könnte für sie einen Auftritt im National Cathedral in Washington organisieren und danach mit ihnen auf Welttournee gehen. Zunächst der Petersdom in Rom, danach vielleicht Mekka in Saudi-Arabien und zu guter Letzt ein Gala-Konzert vor der Klagemauer in Jerusalem." Die humorlose US-Politikerin verstand keine Ironie. Sie twitterte, es wäre ihr eine Ehre, dieser Punkgruppe beizutreten.

Die schizophrene Menschenrechtlerclique versucht aus den beiden Aktivistinnen eine Art Dissidentinnen und "Prisoners of Conscience" zu machen. Die kanadische Zeitung Globe and Mail verglich Tolokonnikowa und Aljochina gar mit Solschenizyn. Ankündigungen der beiden Punkrockerinnen, für politische Ämter in Russland kandidieren zu wollen, wurden mit tosendem Applaus begrüsst.

Tolokonnikowa bei Gruppensex-Aktion im Museum 2008

Doch die Regisseure, die hinter dem künstlich aufgebauschten Hype um Pussy Riot stehen, scheinen nicht zu begreifen, dass sie genau das Gegenteil dessen bewirken, was sie sich ausrechnen. Das Kalkül ist natürlich, Putin zu schwächen und der russischen Opposition zu mehr politischer Bedeutung zu verhelfen. Das dürfte allerdings durch die Lächerlichkeit, mit der der Westen Pussy Riot feiert, eher verhindert werden. Die beiden Aktivistinnen werden in Russland bestenfalls nicht ernstgenommen, überwiegend aber mit zunehmender Genervtheit wahrgenommen. Wenn der Westen sie nun mit dem großen Schriftsteller Solschenizyn vergleicht und zudem zu wichtigen oppositionellen Politikerinnen stilisiert, sorgt er in den Augen der Russen für eine weitere Absurdisierung der Opposition, die früher immerhin mit Ex-Politikern (Kassjanow, Nemzow, Illarionow) und Intellektuellen (Limonow, Akunin) assoziiert wurde. Die Umfragen von WZIOM, dem renommierten russischen Meinungsforschungsinstitut, zeigen, dass die negative Haltung gegenüber Pussy Riot zunimmt. Waren im Sommer 2012 noch 33% der Russen der Meinung, dass das Urteil gegen sie zu hart war, während 46% das Urteil für angemessen oder zu milde hielten, sind es 2014 nur noch 19%, die das Urteil als zu hart betrachten, während der Anteil der zweiten Kategorie auf 66% angewachsen ist.

Der Westen begreift nicht, dass die Russen völlig anders ticken. Er wird Pussy Riot weiterhin zum Schaden der russischen Opposition politisch ausschlachten, bis das Thema allen irgendwann zum Halse raushängt. Und bis dato werden sich die beiden Gören von Pussy Riot (symbolische Abkürzung: PR) beeilen, aus dem vergänglichen Hype materiellen Nutzen für sich zu ziehen.

Sonntag, 2. Februar 2014

Klitschko, das falsche Pferd der deutschen Bundesregierung

Schon im Dezember machten Meldungen die Runde, die Bundesregierung möchte Vitali Klitschko zum Präsidenten der Ukraine aufbauen. Niemand macht einen Hehl aus den bestehenden "engen Verbindungen" zwischen Klitschko und dem deutschen politischen Establishment und auch bei den deutschen Medien ist das verstärkte Bemühen unübersehbar, Klitschko (entgegen den aktuellen Realitäten) als DEN Führer der ukrainischen Opposition darzustellen. Auf der Münchener Sicherheitskonferenz stärkten die Deutschen in Person von Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen Klitschko demonstrativ den Rücken. In einer Parteinahme, die man seitens Russland sofort als "unzulässige Einmischung" verteufeln würde, sieht man für sich selbst kein Problem.

Die ganze Mühe der Bundesregierung könnte allerdings für die Katze sein. Bei Klitschko besteht das Problem, dass ein Präsidentschaftskandidat laut ukrainischer Verfassung die letzten zehn Jahre in der Ukraine gelebt haben muss. Klitschko, der in den USA und Deutschland lebt, erfüllt diese Forderung nicht. Ein Verwaltungsgericht in der Ukraine hat bereits bestätigt, dass diese Regelung auf Klitschko zutrifft. Doch möglicherweise hoffen seine Förderer darauf, die bestehenden Gesetze ebenso mit Leichtigkeit abschaffen zu können, wie man bereits die Gesetze zum strengeren Demonstrationsrecht durch Erpressung abschaffte, obwohl diese weitgehend dem geltenden europäischen Recht entsprachen. Es gab bereits genug Beispiele, in denen politische Zweckmäßigkeit aus Sicht des Westens und der ukrainischen Opposition wichtiger war, als irgendwelches Recht, Gerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit.

So stört es auch niemanden im Westen, dass Klitschko ein politisches Bündnis mit den Nazis aus der Swoboda-Partei und dem gewaltbereiten Rechten Sektor pflegt oder dass er, wohlwissend um seine westukrainische elektorale Zielgruppe, den Nazi-Kollaborateuren der UPA-Armee seinen hohen Respekt bekundet. Allerdings kann Klitschko die rechten Schlägerbanden in der Praxis gar nicht zu kontrollieren, weshalb seine aktuellen Verhandlungen mit der Staatsmacht in einer Sackgasse stecken. Eine Räumung der besetzten Verwaltungsgebäude und ein Ende des Maidans könnte er beim besten Willen gar nicht durchsetzen.

Klitschko ist im Westen auch deshalb so als politische Figur beliebt, weil er eine gehorsame Marionette abgeben würde, die persönlich weder das Vermögen noch den Willen hätte, genuine ukrainische Interessen notfalls auch gegen den Westen durchzusetzen. Mit Klitschko kann man sich sicher sein, dass das leidige EU-Assoziationsabkommen mit der Ukraine in jeglicher Form bedingunslos unterschrieben würde, auch wenn das für die halbe Ukraine durch Industriesterben Arbeitslosigkeit und Massenarmut bedeutet.

Der politisch sehr plumpe, langsam denkende und nicht gerade als begnadeter Rhetoriker bekannte Klitschko könnte aber auch an seinem mangelnden Charisma scheitern. Bislang genoss er in der Ukraine Ansehen, das auf seiner Boxerkarriere gründete, doch dies gerät angesichts der rasanten politischen Entwicklungen und der komplett anderen Qualitäten, die bei einem Politiker gefragt sind, schnell in den Hintergrund. So könnte sich das Pferd, auf das die übermütige Bundesregierung setzt, während sie vom großen Bruder zu mehr außenpolitischer Initiative ermutigt wird, sich schnell als das falsche Pferd und ein Reinfall erweisen.